Vor kurzem traf ich meinen lieben Kollegen Carsten wieder. Er ist Architekt – und wie es sich klischeehaft gehört, trug er einen schwarzen Rollkragenpullover. Auch ich, aus der Kreativbranche, war passend gekleidet: ein edler Kaschmirpullover in Schwarz, mit hohem Kragen. Für alle Besserwisser: Ja, ich weiß, Schwarz ist streng genommen keine Farbe.
Nach der freudigen Begrüßung bemerkte Carsten etwas: Mein Pullover hatte Löcher an der Schulter. Ein klares Zeichen von Mottenfraß. Mir war das bewusst – und trotzdem trug ich ihn weiter. Warum? Weil ich es schade finde, ein hochwertiges Stück wegzuwerfen, nur weil ein paar Motten denselben Gedanken hatten wie ich: „Das ist wertvoll.“
Später kam mir eine interessante Erkenntnis: Die Motten hatten sich nicht irgendeinen Pullover ausgesucht. Sie ignorierten meine Merino-Wolle und stürzten sich auf den Kaschmir – trotz aller Hürden: Plastikbox, Lavendelsäckchen, (angeblich mottenabwehrender Duft). Sie kämpften sich durch, weil der Wert für sie hoch genug war.
Und genau hier liegt die Verbindung zur Arbeitswelt.
Motivation schlägt Hindernisse
Warum sind manche Menschen beruflich erfolgreich? Und mit „erfolgreich“ meine ich nicht zwingend reich. Ich meine: Sie finden den Job, der ihnen guttut, der Sinn ergibt, der erfüllt. Bei den Motten ist es genetisch verankert: Sie folgen ihrem Instinkt. Bei uns Menschen ist es komplexer. Wir müssen erst herausfinden, was wir wirklich wollen – und das ist oft überlagert von:
- Glaubenssätzen („Das kannst du nicht“)
- Einfluss von Eltern oder Freunden („Mach was Sicheres“)
- Verzerrten Berufsbildern oder sich wandelnden Branchen
- Eigenen Veränderungen im Laufe der Zeit
Die perfekte berufliche Richtung zu finden ist kein Selbstläufer. Und für Menschen mit Neurodivergenz ist diese Herausforderung oft noch größer. Warum? Weil ihre Bedürfnisse anders sind als die des „Durchschnittsmenschen“.
Das kann sein:
- Erhöhter Bewegungsbedarf im Arbeitsalltag
- Leichte Ablenkbarkeit bei hochsensiblen Menschen
- Komplexe Herausforderungen, die manchmal hinderlich wirken – aber auch echte Superkräfte sein können
Diese Stärken und Bedürfnisse zu erkennen und in geeigneter Weise zu nutzen, ist eine große Aufgabe. Es erfordert Selbstreflexion, Offenheit und oft auch professionelle Unterstützung.
Keine KI und kein Tool ersetzt persönlichen Austausch, die Ermutigung, die Bestärkung, die Motivation,
Was Coaching leisten kann – und was nicht
Als Coaches helfen wir bei Orientierung, entkräften Glaubenssätze, wecken vergessene Träume und erweitern Perspektiven. Wir sind Katalysatoren für Klarheit und Strategie. Aber eines kann keine KI und kein Tool ersetzen: den persönlichen Austausch, die Ermutigung, die Bestärkung, die Motivation, die durch schwere Zeiten trägt.
Strategie ist wichtig – aber ohne Motivation bleibt sie Theorie. Motivation ist der Motor. Sie ist das, was dich durch die „Plastikboxen“ und „Lavendelsäckchen“ deiner eigenen Hindernisse bringt.
Und hier kommt ein Konzept ins Spiel, das ich besonders hilfreich finde: die 1-Prozent-Methode von James Clear aus Atomic Habits.
Sie besagt: Kleine, tägliche Verbesserungen von nur 1 % führen langfristig zu großen Veränderungen.
Die Prinzipien dahinter:
- Offensichtlichkeit: Mach neue Gewohnheiten sichtbar und leicht zugänglich.
- Attraktivität: Gestalte sie so, dass sie Spaß machen.
- Einfachheit: Halte die Umsetzung so simpel wie möglich.
- Langfristigkeit: Mit minimalem täglichen Aufwand erreichst du nachhaltige Ziele.
Warum ist das wichtig? Weil Motivation nicht nur ein Startsignal ist, sondern gepflegt werden muss. Die 1-Prozent-Methode hilft, dranzubleiben – auch wenn der Weg lang ist. Sie macht große Ziele handhabbar und sorgt dafür, dass Strategien nicht nur geplant, sondern umgesetzt werden.
Fazit: Sei wie die Motte – und nutze außerdem die 1-Prozent-Methode
Sorge dafür, dass du motiviert bist, deine Ziele umzusetzen. Rede mit anderen Menschen darüber. Tausche dich aus. Hol dir Unterstützung – von Coaches, von den Andersberatern, von deinem Netzwerk. Wir können helfen, dass du hochmotiviert deinen Plan verfolgst.
Wie die Motte zum Kaschmir – Schritt für Schritt, mit unbedingtem Willen und kleinen täglichen Verbesserungen.
(Kleine Randnotiz: Carstens Pullover blieb übrigens verschont. Ich vermute, es lag am Polyesteranteil.)😘
Von Tobias Rothenberger


